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Marie-Anne
Adélaïde Lenormand (Frankreich, 1768-1843) war eine der angesagten
Kartenlegerinnen des 18. und 19.Jahrhunderts.
Bei ihren Kunden machte sie keine Klassenunterschiede. Dies
sicherte ihr Bewunderung von Persönlichkeiten aus sämtlichen
Gesellschaftsschichten, welches sie so berühmt machte.
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Sie eröffnete
in der edlen Rue de Tournon in Paris einen mondänen Salone. |
Mit ihrer Kunst wurde sie so erfolgreich, das
sich sogar die größten Politiker, wie Mirabeau, Marat und Robespierre zu
ihr begaben. Auch Napoléon Bonapartes spätere Gemahlin war eine Kundin
von Mlle. Lenormand.

Die von Mlle.
Lenormand benutzten Decks zum Kartenlegen waren die, des "Erfinder des
Kartenlegens" Jean-Baptiste Alliette, der sie im Jahre 1791 entworfen
hat.
Als Mlle. Lenormand,
die niemals Kinder bekam und nie Heiratete, das Regime der Revolution,
der Restauration Napoleons begleitet hatte, verstarb am 25.6.1843 in
Paris im Alter von 71 Jahren. Zu dieser Zeit war sie schon fast zur
Legende geworden.
Die Pariser Tageszeitungen berichteten damals,
das Ihrem Sarg eine große Menschenmenge folgte.
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Marie-Anne Adélaïde
Lenormand, in Alençon den 27. Mai 1772 geboren, wurde sie in dem
Benediktinerinnenstifte erzogen und soll, kaum 7 Jahre alt, die
Absetzung der Äbtissin und deren Nachfolgerin vorausgesagt haben. Dieser
Orakelspruch ging drei Monate später in Erfüllung.
So trat sie, im Gefühle ihrer übernatürlichen Mission, zu einer Zeit in
die Welt, als die Französische Revolution bereits am Horizonte auf
dämmerte.
Trübe, traurige Weissagungen flossen aus ihrem Munde, worüber die
frivole Pariser Welt lachte.

Da kamen eines Tages drei junge Männer zu ihr.
Sie betrachtete dieselben aufmerksam, dann sagte sie ernst: ,,Ihr werdet
alle drei eines gewaltsamen Todes sterben“. So fügte sie bei dem Einen
hinzu, ,,von den Segnungen des Volkes begleitet und zum Gott gemacht,
ihr Anderen mit seinem Verwünschungen beladen.“ Die Herren lachten und
gingen. Es waren Marat, Robespierre und St. Just.
Als Marat durch den Dolch der Charlotte Jordan gefallen war, als das
Volk wehklagend seine Leiche in das Pantheon getragen hatte, als die
Lenormand in ihren düsteren Prophezeiungen fortfuhr, wurde Robespierre
unruhig und ließ eines Morgens die Prophetin verhaften und in die
Gefängnisse der Conciergerie schleppen, die man damals nur verließ, um
das Schafott zu besteigen.
Der 9. Thermidor rettet ihr das Leben und gab ihr die Freiheit wieder,
und die Verfolgung Robespierre umkleidete sie mit neuem Rimbus.
Unzählige strömten zu ihr, um sich von ihr die Zukunft enthüllen
zulassen. Unter ihnen erschien auch eine junge Frau in tiefer Trauer.
Sie hatte ihren Schatten unter dem Beil der Guillotine verloren. Trösten
Sie sich, Madame!“ sagte die Lenormand, ,, eine Krone wartet Ihrer!“
Diese Dame war Josephine Beauharnais.
Kurze Zeit darauf heiratete die Witwe einen unbekannten, damals noch
einflusslosen General ohne Vermögen und dachte seufzend: ,, Ich
verzichte auf die mir geweissagte Krone!“ Allein die Neugier stachelte
sie doch, und einige Wochen nach der Hochzeit veranlasste die Bonaparie,
der bekanntlich ebenfalls nicht frei von Aberglauben war, mit ihr zur
Lenormand zu gehen. Wie groß aber war ihr Erstaunen, als die Prophetin
zu ihr sagte: ,, An Ihrem Loose, Madame, hat sich nichts geändert!“ Als
nun Bonaparte lächelnd ihr seine Hand hinhielt, rief die Lenormand! ,,
Hundert siegreiche Schlachten, Retter der Republik, Gründer einer
Dynastie, Besieger Europa´s!“

Bonaparte wurde ernst und sagte: ,, Ich werde
Ihrem Orakel Ehre zu machen suchen, Madame!“
Als die Lenormand viele Jahre später Josephinen ihre bevorstehende
Ehescheidung prophezeit, ließ Napoleon sie verhaften. Sie wurde zu
Fouchè geführt der sich ihrer erinnerte; sie hatte ihm nämlich, als er
noch Konventsdeputirter war, gefragt: ,, Sie sind schon gestiegen, Sie
werden aber noch höher steigen!“
„ Ihre Prophezeiung ist eingetroffen“, sagte er zu der Gefangenen; „ich
bin höher gestiegen, als ich es mir damals träumen ließ. Aber haben Sie
auch vorausgewusst, dass Sie ins Gefängnis wandern und dort
wahrscheinlich sehr lange bleiben werden?“ - O ja“. entgegnete die
Lenormand, „ich habe es in meinen Karten gelesen, aber auch, dass mich
Ihr Nachfolger, der Herzog von Rovigo bald befreien wird.“ Und es
geschah wirklich, wie sie vorausgesagt: Fouchè fiel in Ungnade, wurde
abgesetzt, und die Prophetin bald darauf wieder frei. Die Restauration
begünstigte sie, hatte sie doch in ihrer Schrift: ,, Souvenirs
prophétiques d´une Sibylle“ Napoleons Sturz prophezeit.
Alles strömte ihr zu, und bis zu ihrem Tode lebte sie ungestört als
ausschließlich privilegierte Prophetin.
Die Stael, die Tallien, die Recamier, Benjamin, Constant, der Kaiser
Alexander von Rußland und viele andere Berühmtheiten jener Tage hatte
sie besucht. Sie schrieb nach und nach mehrere Werke; so außer dem schon
genannten: ,, Memoires historiques et secrets de l´Imperatrice
Josephine“ u.a.
Als sie am 25.Juni 1843starb, hinterließ sie ihren Erben 500000 Franken,
ihre Papiere und zahllose Briefe merkwürdiger Personen, die an sie
gerichtet worden waren.
gefunden in der
Originalausgabe von 1930 "Hexenprozesse" von Emil König
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